Offenbar bringen nicht nur Christen eine Vorstellung vom Wesen und der Bedeutung der Bibel mit. Es gibt „Computer-Bibeln“, „Grill-Bibeln“ und „Garten-Bibeln“, und sie scheinen damit den Anspruch
zu verbinden, die jeweilige Referenz auf ihrem Gebiet zu sein.
Nun gibt es vielleicht keine großen Diskussionen darüber, welche Garten-Bibel genau welche Autorität für sich beanspruchen darf, weil es schlicht egal ist. Aber im religiösen Kontext geht es um
die Grundfragen des Menschen und daneben um solche, die immerhin ein gehöriges Konfliktpotential bergen, gerade, wenn die westliche Sexualethik zur Debatte steht. Regelmäßig enden Diskussionen
dann bei der Frage nach der Autorität der biblischen Texte und wo die nicht grundsätzlich hinterfragt wird, um ihre Reichweite und ihr Wesen.
In diesem Beitrag möchte ich daher einen Blick auf die Fragen werden, inwiefern die Bibel „inspiriert“, „Gottes Wort“ oder „Heilige Schrift“ ist. Es geht also um dieses besondere Merkmal, dass
die Bibel vor allen anderen Schriften auszeichnet und ihr die Position zuschreibt, die sie im Christentum hat. Und wie sich zeigen wird, ist diese Frage alles andere als trivial.
Der Begriff „inspiriert“ ist eine aus meiner Sicht recht treffende Übersetzung des griechischen Wortes theopneustos, was wörtlich so viel wie „von Gott eingehaucht“ bedeutet und in der religiösen
Welt des Altertums ein übliches Adjektiv war, mit dem man ausdrückte, dass eine Gottheit sich des menschlichen Verstandes derart bedient hat, dass dieser zum Sprachrohr und sein Wort damit zum
Gotteswort wurde. Das Wort kommt im Neuen Testament übrigens genau zweimal vor, nämlich in 2. Petr. 1,21 und 2. Tim 3,16.
Wenn wir also von dem heidnischen Verständnis der Vokabel ausgehen, würde man sich den Entstehungsprozess der Bibel als ein Diktat vorstellen. Wenn man aber untersuchen möchte, ob und inwiefern
der heidnische Begriff im neuen Testament einer Justierung unterzogen wurde, steht man vor zwei Problemen: Erstens gibt es eben nur diese beiden Stellen, in denen der Begriff ausdrücklich genannt
aber nicht sehr weit ausgeführt wird. Zweitens bezieht er sich zunächst auf die Schriften des Alten Testamentes, weil die Kanonbildung des Neuen Testamentes noch lange nicht abgeschlossen war.
Uns fehlt also schlicht die Außenperspektive der Bibel auf sich selbst.
Das ist wohl auch der Grund dafür, weshalb es zu diesem an sich absolut fundamentalen Thema erstaunlich wenig theologisches Material gibt.
Welche Strategien bieten sich überhaupt an, eine Theologie der Bibel zu entwickeln?
Wir finden in der Bibel sehr viele Aussagen über das Wort Gottes allgemein, aber damit können wir aber keinen bestimmten Kanon von Schriften identifizieren.
Wir besitzen immerhin die Außenperspektive auf das Alte Testament aus der Sicht des Neuen Testamentes und sehen nicht zuletzt, welche Bücher dort zitiert wurden. Damit hätten wir ein
Inspirationsverständnis, dass auf einen konkreten Kanon von Schriften bezogen werden kann, die Frage ist nur, was das für die Einordnung des neutestamentlichen Kanons bedeutet. In einem zweiten
Schritt müssten wir also stillschweigend davon ausgehen, dass Aussagen über das Alte Testament auf für das Neue gelten. Das ist natürlich gewagt.
Eine dritte Strategie könnte darin bestehen, den Kanon aufzugeben und einfach von Kriterien für Text zu sprechen und dann zufällig genau die Schriften der Bibel darunter verstehen - und allen
anderen Schriften die Einhaltung dieser Kriterien rundheraus abzusprechen. Diese Strategie führt aber in der Regel dazu, dass Texte der Bibel das Kriterium mehr oder weniger gut erfüllen und
manchen außerbiblischen Texten die Aufnahme in den Kanon kaum verwehrt werden könnte. Wir hätten es also mit einer unscharfen Grenze, vielleicht sogar einem Kontinuum zu tun.
Das berühmteste Beispiel für diese Strategie ist Luthers berühmt berüchtigte Formel, mit der er die Schriften als kanonisch bestimmen wollte: Teil des Kanons wären die Schriften, die „Christum
treiben“. So verlockend diese Formulierung für viele zu klingen scheint, birgt sie genau das oben genannte Problem: sie führt zu einer Rangfolge religiöse Schriften aber keinem Kanon. Eigentlich
müsste man fragen, wieso Luther nicht seine eigenen Schriften in die Bibel aufgenommen hatte. Der einzige Fall, in dem er dieses Kriterium wirklich angewendet hatte, war in der Frage nach der
Stellung des Jakobusbriefes, wobei er sich letztlich - zum Glück - nicht traute, ihn ganz aus der Bibel zu entfernen. Irgendwie scheint auch dieses Kriterium nur ein fadenscheiniger Grund zu
sein, einen längst bestehenden und akzeptierten Kanon anzuerkennen.
Eine letzte Strategie kann darin bestehen, zunächst den Verschriftlichungsprozess der heiligen Schriften im Alten und Neuen Testament in seiner Besonderheit und Bedeutung zu verstehen, also zu
untersuchen, was der Unterschied zwischen einem Text ist, in dem Wort Gottes berichtet wird und einem Text, der selbst Gottes Wort wird. Der Weg ist natürlich etwas aufwändiger, führt aber nach
meinem Eindruck tatsächlich zu einem belastbaren Ergebnis.
Vorab nähern wir uns dem Thema aber rein sprachlich, also welches Verständnis verbinden wir eigentlich von der Bibel als inspiriert, Wort Gottes…
Was Inspiration der Bibel nicht bedeutet
„Inspiriert“ ist offenbar nicht identisch mit „wahr“ - ein Text, der „wahr“ im Sinne von „korrekt“ ist, ist nicht unbedingt auch inspiriert. Diese Eigenschaft kann eine wesentliche Eigenschaft
der Bibel beschreiben, aber der Begriff „inspiriert“ scheint auf jeden Fall mehr zu meinen.
Es bedeutet auch nicht „Garantiert wahr“ - im Nachhinein lässt sich auch die Wahrheit von nicht-inspirierten Texten feststellen, ohne dass sie im Nachhinein in den biblischen Kanon aufgenommen
würden.
„Inspiriert“ bedeutet auch nicht, „Gottes Wort“ zu sein - Gott hat auch zu Menschen gesprochen, ohne dass dies anderen bekannt gemacht worden wäre. Und selbst wo es der Fall war und wir den
Bericht für glaubwürdig halten, würden wir die Botschaft oder Prophetie nicht in den Kanon aufnehmen. Seinen Jüngern hat Jesus viele Dinge besonders ausführlich erklärt, wobei wir nur einen
Bruchteil davon im Neuen Testament finden. Selbst ein neu entdeckter Brief der Apostel würde wohl Autorität besitzen aber wäre damit noch nicht Teil des biblischen Kanons.
„Inspiriert“ bedeutet auch nicht „relevant“ - Auch dies ist eine Eigenschaft, die mit Sicherheit einen Bedeutungsteil abdeckt und sich sogar noch recht gut biblische begründen lässt - nämlich mit
der oben zitierten Stelle aus 1. Tim 3,16. Trotzdem gibt es natürlich auch andere geistliche Bücher, die für mich relevant sein können so dass ich dieses Kriterium niemals als Maßstab dafür
verwenden könnte, welche Bücher in welchem Umfang Teil des Kanons sein könnten. Und außerdem ist Gottes Wort immer relevant, unabhängig davon, ob es Eingang in den biblischen Kanon gefunden hat
oder im Verborgenen an seine Propheten gegeben wurde.
„Inspiriert“ bedeutet auch nicht „Verständlich“ - Es gibt auch die Vorstellung, dass die Besonderheit der Bibel nicht nur ihre Korrektheit und Relevanz besteht, sondern in ihrer Fähigkeit, die
Heils-Botschaft verständlich für die Menschen zu vermitteln. Aber auch das kann man von vielen geistlichen Texten sagen. Und für den Einzelnen sind viele Passagen in der Bibel durchaus
unverständlich und müssen gerade durch geistliche Literatur für ihn übersetzt werden. Der Kommentar wäre nach dieser Definition dann mehr inspiriert als der biblische Text. So weit würden die
Verfechter dieser Definition aber nicht gehen.
„Inspiriert“ bedeutet nicht „geistlich“ - nicht jeder Mensch, der den heiligen Geist besitzt, kann von sich behaupten, inspirierte Texte zu schreiben. Umgekehrt gibt es Fälle von Menschen
in der Bibel, die durch den Heiligen Geist sprechen, ohne wirklich zu glauben wie z.B. „es ist besser, dass einer stirbt für das ganze Volk“ (der Hohepriester bei der Verurteilung Jesu Joh 11,50)
oder „Jesus Christus, der König der Juden“ (Pontius Pilatus). Solche Aussagen sind zwar vom Geist geleitet aber wohl kein Zeichen dafür, dass der jeweilige Mensch den Heiligen Geist
besitzt.
Es könnte sein, dass der Begriff „inspiriert“ mehrere der eben genannten Bedeutungen umfasst, was die Auswahl der Texte natürlich eingrenzen würde. Es bliebe aber bei dem grundsätzlichen Problem,
dass jedes von außen an den Text herangetragene Kriterium ebenso wie ein Set an Kriterien den Kanon eben nicht begründen sondern auflösen würde, denn sobald man die Kriterien ernst nähme, müssten
Abschnitte der Bibel entfernt und neue hinzugefügt werden, und das widerspricht offenbar dem Verständnis, das wir mit der Heiligen Schrift und dem inspirierten Wort Gottes verbinden. Wie gezeigt
bliebe uns anstelle eines Kanons nur eine Rangfolge von Schriften.
Das fehlende Kennzeichen
Auch wenn es im ersten Moment nicht befriedigend klingt, aber das entscheidende Kriterium dafür, dass ein Buch zum Teil des biblischen Kanons gehört, besteht darin, dass es als solches angesehen
wird und der Kanon als abgeschlossen gilt.
Aber auch diese Eigenschaft ist alles andere als einfach zu fassen, denn gerade die Schriften des Alten Testamentes wurden in einem Zeitraum von 1600 Jahren abgefasst und dann zählen wir die
Schriften des Neuen Testamentes als Christen ja noch hinzu, wie kann man da von einer „Abgeschlossenheit“ des Kanons sprechen? Und tatsächlich gibt es ja Religionen wie die Mormonen oder den
Islam, die einfach ein weiteres Buch ergänzen und den Kanon erst danach für abgeschlossen erklären.
Wir stehen also vor der Frage, welche Rolle die Religionsgemeinschaft bei der Entstehung des Kanons spielte.
Zusammenhang von Bibel und Kirche
Kritiker können dieses Dilemma nutzen, um die Entstehung des Kanons als bloße Willkür der Kirche abzutun. Wer sich die Kanonentstehung aber genauer ansieht, muss feststellen, dass der Kanon eben
nicht mit einer Entscheidung der Kirche begann sondern erst in dem Moment festgestellt wurde, als er sich nach einem längeren Prozess bereits durchgesetzt hatte. Die Kirche fand den Kanon
offenbar vor und brachte ihn nicht hervor.
Außerdem wäre es natürlich sehr verlockend gewesen, wenn sie sich schon die Autorität angemaßt hätte, Schriften als Gottes Wort zu deklarieren, das auch im Laufe der Kirchengeschichte zu tun,
denn politisches Interesse hätte es sicher immer gegeben. Tatsächlich gab es aber bei aller Hochschätzung der Tradition, Visionen und kirchlicher Beschlüsse immer einen großen Respekt vor den
heiligen Schriften der Bibel und niemand konnte seine Schriften einfach dem Kanon hinzufügen.
Wenn die Kirche die Bibel aber nicht hervorgebracht hat, könnten sie und der Kanon einfach unabhängig voneinander entstanden sein, nämlich durch den Heiligen Geist. Wie müsste man sich eine
Kirche ohne Wort vorstellen? So ein Fall wäre eingetreten, wenn es an Pfingsten ein ekstatisches Erlebnis gegeben hätte - aber ohne Predigt. Die Menge der Menschen, die von dieser geistlichen
Ekstase ergriffen wurden, hätten sich taufen lassen und sich dann später mit den Menschen zusammen geschlossen, die sich für die Weitergabe der Schriften der Apostel interessierten. So war es
aber nicht. In Apg 2 lesen wir, dass die die Menge durch die geistgewirkte Predigt zum Glauben kam. Das Wort bewirkte die Ekstase und hatte direkten Einfluss auf die Menschen. Es gab also keine
parallele Entwicklung von einer Gruppe begeisterter Menschen auf der einen und einer Art Gruppe frommer Sekretäre auf der anderen Seite, die die Worte der Apostel fleißig aufschrieben.
Es scheint also in der Geschichte von Pfingsten einen Zusammenhang zwischen Wort und Kirche zu geben, aber genau anders herum, als man vielleicht denkt: nicht die Kirche hat die Bibel
hervorgebracht, sondern das Wort Gottes hat die Kirche hervorgebracht!
Genau das wird die zentrale These dieses Artikels sein.
Das erste Argument für die These, dass das Wort Gottes die Kirche hervorgebracht hat, ging zunächst von der Verwendung des Begriffes aus, den wir von der Bibel haben.
Als nächstes soll es darum gehen zu untersuchen, ob und wie die Bibel selbst über die Schriftwerdung von Gottes Wort schreibt.
Bedeutung von Schrift im Alten Testament
Schreiben ist in der Antike kein Hobby. Man muss einen Fachmann, einen Schreiber engagieren und teures Material verwenden. Aus diesem Grund sind die Anlässe für das Abfassen von Texten
überschaubar, und meistens geht es um Verträge zwischen Menschen, Handelsabkommen usw. Der Grund für diese Form von Texten ist die Verbindlichkeit, die zukünftige Rechtsstreite möglichst
vermeiden oder klären soll, und wenn es um komplexere Inhalte und lange Listen von Waren geht, hat die Schrift entlastende Funktion für das Gedächtnis. Auch wenn dieser Anwendungsfall banal
wirkt, zeigt er doch zwei wesentliche Eigenschaften der Schrift auf: sie wird zum Zeugen gegen denjenigen, der später lügt oder zu seinem ausgelagerten Gedächtnis, das mit dem Inhalt überfordert
wäre.
Wenn in der Bibel geschrieben wird, finden wir genau diese Funktionen, auch dann, wenn es um das Wort Gottes geht. Nach dem Bundesschluss am Sinai sollte ein Schriftstück als Zeuge für spätere
Generationen aufbewahrt werden und hatte damit genau die Funktion, die auch sonst Vertragstexte hatten.
5. Mose 31, 24 „Und es geschah, als Mose ⟨damit⟩ fertig war, die Worte dieses Gesetzes vollständig in ein Buch zu schreiben, 25 da befahl Mose den Leviten, die die Lade des Bundes des HERRN
trugen: 26 Nehmt dieses Buch des Gesetzes und legt es neben die Lade des Bundes des HERRN, eures Gottes, dass es dort zum Zeugen gegen dich wird! 27 Denn ich kenne deine Widerspenstigkeit und
deine Halsstarrigkeit wohl. Siehe, heute ⟨schon⟩, während ich noch bei euch lebe, seid ihr widerspenstig gegen den HERRN gewesen; wie viel mehr nach meinem Tod!“
Der Gedanke wird bei den Propheten aufgegriffen und verschärft: die Schrift ist für Menschen, die nicht hören wollen.
Jes 30,8 "Geh nun hin, schreib es bei ihnen auf eine Tafel und zeichne es in ein Buch ein, damit es für einen künftigen Tag als Zeuge bleibt bis in Ewigkeit! 9 Denn ein widerspenstiges Volk ist
es, verlogene Söhne, Söhne, die das Gesetz des HERRN nicht hören wollen“
Wenn Paulus später also Timotheus schreibt, dass das Gesetz für Gesetzlose und Widerspenstige gedacht ist, greift er einen alttestamentlichen Gedanken auf (1. Tim 1,8)
Eine weitere Klasse von Texten sind die Archive der Könige, die z.T. auch Verträge enthalten, die über mehrere Generationen von Königen gelten, auf jeden Fall sind sie Briefe an spätere
Generationen. Diese Verwendung ist besonders interessant, weil der Text es erst möglich macht, mit einem Land einen Vertrag zu schließen. Normalerweise wird ein Vertrag hinfällig, wenn der
Vertragspartner stirbt. Aber ein Volk ist potentiell unsterblich, und genau hier kommt die Schrift ins Spiel und macht ein Volk überhaupt erst zu einem möglichen Vertragspartner.
Auch dieser Verwendungszweck wird von den Schriften des Alten Testamentes gesagt. Bei Jeremia finden wir die Zusage des zukünftigen Heils, wobei „zukünftig“ sich auf eine Zeit bezieht, in der
eine ganz neue Generation herangewachsen ist.
Jer 30,1 „Das Wort, das von dem HERRN zu Jeremia geschah: 2 So spricht der HERR, der Gott Israels: Schreibe dir alle Worte, die ich zu dir geredet habe, in ein Buch! 3 Denn siehe, Tage kommen,
spricht der HERR, da wende ich das Geschick meines Volkes Israel und Juda, spricht der HERR. Und ich bringe sie in das Land zurück, das ich ihren Vätern gegeben habe, damit sie es in Besitz
nehmen.“
Eine weitere Funktion von Schriften ist das Überwinden von Entfernungen. Könige konnten durch das Verlesen von Gesetzestexten mit der Bevölkerung kommunizieren, selbst wenn das Reich so groß war,
dass ein einzelner Mensch es in seinem ganzen Leben nicht durchwandern könnte.
Das Gegenstück dieser Funktion ist aber auch das Schaffen von Distanz. Die Schrift kann bewusst genutzt werden, um eine Distanz zu schaffen oder aufrecht zu erhalten.
Und auch diese Funktion finden wir im Alten Testament. Gott möchte das Volk davor schützen, ihm zu nahe zu kommen, weil es sonst sterben müsste. Daher bestellt er nur Mose zu sich und gibt ihm
das Gesetz in schriftlicher Form wieder mit.
Man kann daher sagen, dass auch die Schriften, in denen Gottes Wort festgehalten wurde, zunächst keine anderen Aufgaben hatten als sonstige Schriften. Es ging eigentlich um den Gehorsam gegenüber
Gott und seinem Wort, und die Schrift kam nur als Behelf hinzu. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Schriften für einen perfekten Gläubigen ersetzbar gewesen wären.
Einen Teil der Funktionen könnte man theoretisch ersetzen, aber wirklich unerlässlich wird die Schrift für Verträge mit Volksgemeinschaften. Sobald die Sippe so groß wird, dass der persönliche
Kontakt oder die persönlichen Berichte von Großvater und Urgroßvater nicht mehr möglich und mit jeder Generation abstrakter wird, bleibt nur noch die Möglichkeit, sich auf die mündliche
Überlieferung zu verlassen. Das bedeutet aber für jede Generation, ein grenzenloses Vertrauen in die Eltern-Generation, ein direktes Berufen auf einen Gründungserklärung o.ä. wäre nicht möglich.
Allein ein Text bietet die Möglichkeit, generationenübergreifend Menschen auf eine gemeinsame Grundlage nicht nur zu verpflichten sondern auch jedem denselben Abstand zu ihr zu ermöglichen.
Auch die Entstehung des Volkes Israel beginnt nicht nur mit einem Bundesschluss sondern auch mit der Entstehung eines Gründungsdokumentes, den zehn Geboten und den weiteren Gesetzen und
Ordnungen. Erst dadurch, dass Israel Gottes Wort als verbindlich anerkannt hat, wurde es zum Volk Gottes (2. Mose 19,5f). Und nur durch die Verschriftlichung konnten auch spätere Generationen und
nicht nur die Gruppe von Anwesenden am Tag der Bundesschließung Teil des Bundes werden. Man kann also sagen, dass die Verschriftlichung von Gottes Wort es erst möglich machte, dass aus einem Bund
zwischen Gott und Menschen ein Bund zwischen Gott und einem Volk wurde.
Das stimmt allerdings nur für das Leben in einer gefallenen Welt, denn Gott hat natürlich die Möglichkeit, über alle Zeiten hinweg mit seinem Volk zu kommunizieren und könnte jede Generation neu
ansprechen. Die Schrift kann daher durchaus auch als Zeichen für den eingeschränkten Zugang gesehen werden, den die Menschen nach dem Sündenfall zu Gott hatten, während das Wort Gottes ewig
gültig bleibt. Wenn wir uns nämlich von dem Blick auf den materiellen Text freimachen und ihn nur als geschriebenes Wort Gottes sehen, fängt die Geschichte des Wortes schon viel früher an. Durch
das Wort hat Gott nicht nur die Welt geschaffen sondern auch Abraham berufen und damit das Volk Gottes ins Dasein gerufen.
Der Gedanke, dass Gottes Wort ebenso die Welt wie auch die Gemeinde hervorgebracht hat, war im Alten Testament schon sehr bewusst und wird z.B. in Psalm 33 besungen.
Psalm 33, 1 „Jubelt, ihr Gerechten, über den HERRN! Den Aufrichtigen ziemet Lobgesang.
2 Preiset den HERRN mit der Zither, spielt ihm auf zehnsaitiger Harfe!
3 Singt ihm ein neues Lied, laßt laut die Saiten erklingen mit Jubelschall!
4 Denn das Wort des HERRN ist wahrhaftig, und in all seinem Tun ist er treu;
5 er liebt Gerechtigkeit und Recht; von der Gnade des HERRN ist die Erde voll.“
Der Aufruf zum Lob Gottes endet mit der bemerkenswerten Formulierung, „von der Gnade des HERRN ist die Erde voll.“ Wir wären wohl eher geneigt zu sagen, dass wir Gottes Gnade in unserem Leben
erfahren haben und mit uns natürlich auch viele andere Menschen. Aber die ganze Erde umfasst ja nicht nur auch Nicht-Christen sondern auch die nicht-menschliche und sogar nicht-belebte Schöpfung.
Schon hier können wir deutlich sehen, dass Gottes Handeln gegenüber der Schöpfung und gegenüber seinen Kindern gar nicht grundsätzlich unterschieden wird. Und genau dieser Gedanke wird in den
folgenden Versen vertieft:
„6 Durch das Wort des HERRN sind die Himmel geschaffen, und ihr ganzes Heer durch den Hauch seines Mundes.
7 Er türmt die Wasser des Meeres auf wie einen Wall und legt die Fluten in Vorratskammern.
8 Es fürchte den HERRN die ganze Erde, vor ihm müssen beben alle Erdenbewohner;
9 denn er sprach: da geschah’s; er gebot: da stand es da.
10 Der HERR hat den Ratschluß der Heiden zerschlagen, die Gedanken der Völker vereitelt.
11 Der Ratschluß des HERRN bleibt ewig bestehn, seines Herzens Gedanken von Geschlecht zu Geschlecht.“
Gottes Handeln in der Schöpfung geht hier fließend in sein Handeln an den Menschen über, was einerseits natürlich daran liegt, dass die Menschen den Mächten der Natur immer wieder ausgeliefert
waren und sind, aber man wird den Eindruck nicht los, dass sein Handeln an den Menschen nicht grundsätzlich anders zu sehen ist als sein Handeln in der Natur. So wie er die Erscheinungen des
Himmels regiert, regiert er auch die Völker, ganz gleich, was diese selbst geplant hatten. Interessant ist vor dem Hintergrund der Verschriftlichung seines Wortes, dass ausdrücklich gesagt wird,
dass die Gedanken seines Herzens von Geschlecht zu Geschlecht bestehen bleiben. Sein Wort übersteht also nicht nur die Generationen sondern verwirklicht sich auch in ihnen, denn es wird
ausdrücklich sein Ratschluss genannt, der bestehen bleibt, nicht nur sein Gesetz.
In Psalm 147 wird das Schicksals Israels ebenfalls wieder mit mit dem Schicksal der Schöpfung verbunden:
Psalm 147, 1 „Preiset den HERRN! Denn schön ist’s, unserm Gott zu lobsingen, ja lieblich und wohlgeziemend ist Lobgesang.
2 Der HERR baut Jerusalem wieder auf, er sammelt Israels zerstreute Söhne;
3 er heilt, die zerbrochnen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden;
4 er bestimmt den Sternen ihre Zahl und ruft sie alle mit Namen (Jes 40,26).
5 Groß ist unser Herr und allgewaltig, für seine Weisheit gibt’s kein Maß.
6 Der HERR hilft den Gebeugten auf, doch die Gottlosen stürzt er nieder zu Boden.
7 Stimmt für den HERRN ein Danklied an, spielt unserm Gott auf der Zither –
8 ihm, der den Himmel mit Wolken bedeckt und Regen schafft für die Erde, der Gras auf den Bergen sprießen läßt,
9 der den Tieren ihr Futter gibt, den jungen Raben, die zu ihm schreien!“
So wie Gott die Tiere versorgt und alle Pflanzen, wird er auch sein Volk wieder sammeln. Der Trost aus Gottes Schöpfung ist übrigens ein Gedanke, der auch bei Jesus in der Bergpredigt wieder
auftaucht, wenn er die Lilien und Vögel für seine Predigt nutzt.
Vor diesem Hintergrund ist es ganz selbstverständlich, dass alles Glück des Menschen allein von Gottes Fürsorge abhängt und nicht von menschlichen Plänen oder sogar Kämpfen.
"10 Er hat nicht Lust an der Stärke des Rosses, nicht Gefallen an den Schenkeln des Mannes;
11 Gefallen hat der HERR an denen, die ihn fürchten, an denen, die auf seine Gnade harren.“
Im letzten Abschnitt geht es um Gottes Schutz und Segen für sein Volk durch sein Wort und eben dieses Wort ist es, was Israel vor allen anderen Völkern voraus hat.
„12 Preise den HERRN, Jerusalem, lobsinge, Zion, deinem Gott!
13 Denn er hat die Riegel deiner Tore stark gemacht, gesegnet deine Kinder in deiner Mitte;
14 er schafft deinen Grenzen Sicherheit, sättigt dich mit dem Mark des Weizens.
15 Er läßt sein Machtwort nieder zur Erde gehn: gar eilig läuft sein Gebot dahin;
16 er sendet Schnee wie Wollflocken und streut den Reif wie Asche aus;
17 er wirft seinen Hagel wie Brocken herab: wer kann bestehn vor seiner Kälte?
18 Doch läßt er sein Gebot ergehn, so macht er sie schmelzen; läßt er wehn seinen Tauwind, so rieseln die Wasser.
19 Er hat Jakob sein Wort verkündet, Israel sein Gesetz und seine Rechte.
20 Mit keinem (anderen) Volk ist so er verfahren, drum kennen sie seine Rechte nicht. Halleluja!“
Der Satz, „Er lässt sein Machtwort nieder zur Erde gehen“ erklärt ebenso die Bildung von Reif wie die den Segen über Israel. Interessant ist hierbei auch, dass Gottes Wort keineswegs nur Segen
für Menschen bedeutet, denn ebenso wie es Kälte und Verderben für die Einen bedeutet, bedeutet es für sein Volk eine besondere Fürsorge.
Die letzten beiden Verse ergeben vor dem Hintergrund der durch das Wort Gottes bewirkten Naturgewalten nur dann Sinn, wenn auch Israels Schicksal von diesem Wort abhängt.
Der Herr baut Jerusalem auf, ebenso wie er die Sterne schafft - durch sein Wort. Er sammelt sein Volk und zerstreut die Heiden, wie er durch sein Wort Regen oder Hagel zur Erde schickt.
Sein Wort ist Ursprung und Halt seines Volkes, nur so kann man diese Psalmen verstehen.
Israel wusste sich also völlig abhängig von dem Wort Gottes, dem es Gründung, Bestand und Trost verdankte.
Vor diesem Hintergrund können wir vielleicht erst erahnen, was es bedeutet, wenn Johannes davon spricht, dass dieses Wort Fleisch wurde und unter uns wohnte.
Bedeutung der Schriften im Neuen Testament
Joh 1,1 "Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. 2 Dieses war im Anfang bei Gott. 3 Alles wurde durch dasselbe, und ohne dasselbe wurde auch nicht eines, das
geworden ist. 4 In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.
6 Da war ein Mensch, von Gott gesandt, sein Name: Johannes. 7 Dieser kam zum Zeugnis, dass er zeugte von dem Licht, damit alle durch ihn glaubten. 8 Er war nicht das Licht, sondern ⟨er kam,⟩ dass
er zeugte von dem Licht. 9 Das war das wahrhaftige Licht, das, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet. 10 Er war in der Welt, und die Welt wurde durch ihn, und die Welt erkannte ihn
nicht. 11 Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an; 12 so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben; 13 die
nicht aus Geblüt, auch nicht aus dem Willen des Fleisches, auch nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. 14 Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben
seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Einzigen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. – 15 Johannes zeugt von ihm und rief und sprach: Dieser war es, von dem ich sagte: Der
nach mir kommt, ist vor mir geworden, denn er war eher als ich. – 16 Denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und ⟨zwar⟩ Gnade um Gnade. 17 Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die
Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. 18 Niemand hat Gott jemals gesehen; der einziggeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ⟨ihn⟩ bekannt gemacht.“
Johannes spricht hier vor dem Hintergrund einer Kultur, für die das geschriebene Gesetz im Zentrum stand und stellt ihm etwas gegenüber: das lebendige Wort. Dabei handelt es sich um eine Person,
mit der offenkundig Jesus gemeint ist („das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“). Und doch ist es nicht ein Ersatz, von dem Johannes redet, also die Beziehung zu einer Person anstelle dem
Gehorsam gegenüber dem Wort, denn er stellt Jesus hier nicht ohne Grund als „Wort“ vor, nicht einfach nur als Mensch, sondern als das fleischgewordene Wort Gottes und damit das, was das Gesetz
eigentlich sein sollte, wie wir im vorangegangenen Abschnitt gesehen haben. Die Schrift hat keine eigene Würde sondern erhält sie aus dem Wesen Gottes, und genau dieses Wesen wird von Jesus
verkörpert und ist damit Urbild und Wesen der Heiligen Schrift.
Es geht Johannes also nicht um eine Gegenüberstellung von Schrift und Person sondern um ein bestimmtes Verständnis vom Wort Gottes.
Das Wort ist Person, es ist mächtig, schöpferisch und in ihm ist das Leben und es lebte hier unter den Menschen - alles Eigenschaften, die man von einem Text nicht sagen kann - und der Abschnitt
mündet dann in V. 17 in die ausdrückliche Gegenüberstellung von dem Gesetz des Mose und Jesus.
Diese Gegenüberstellung klingt auf den ersten Blick wie der Gegensatz von Gesetz und Evangelium, aber auch im Gesetz konnte und sollte für die Menschen das Leben enthalten sein. Am Ende seines
Dienstes beschwört Mose Israel noch einmal, Gott zu gehorchen.
5. Mose 32, 46b „Richtet euer Herz auf all die Worte, die ich euch heute bezeuge, damit ihr sie euren Kindern gebietet, dass sie darauf achten, alle Worte dieses Gesetzes zu tun! 47 Denn nicht
ein leeres Wort ist es für euch, sondern es ist euer Leben."
Das Wort war für das Volk Leben, also genau das, was Johannes über Jesus aussagt.
Wenn Johannes also von dem Gesetz als Gegenüber zum lebendigen Wort Gottes spricht, muss er von einer bestimmten Lesart oder einer bestimmten Form von Text-Frömmigkeit schreiben, die er
kritisiert.
Diese Abgrenzung von einer Religion des Textes finden wir tatsächlich auch an anderen Stellen im Neuen Testament.
2. Kor 3,5 „Nicht dass wir von uns aus tüchtig wären, etwas zu erdenken als aus uns selbst, sondern unsere Tüchtigkeit ist von Gott, 6 der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen
Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig. 7 Wenn aber ⟨schon⟩ der Dienst des Todes, mit Buchstaben in Steine eingegraben, in
Herrlichkeit geschah, sodass die Söhne Israel nicht fest in das Angesicht Moses schauen konnten wegen der Herrlichkeit seines Angesichts, die ⟨doch⟩ verging, 8 wie wird nicht vielmehr der Dienst
des Geistes in Herrlichkeit bestehen?“
Der Text wird hier als „Buchstabe“ nicht nur poetisch umschrieben sondern steht wohl für das, was ein oberflächlicher Leser wahrnimmt: eben eine Folge von Buchstaben, die es zu entschlüsseln
gilt. Paulus würdigt den Glauben des Alten Testamentes hier nicht zu einem „Dienst des Buchstabens“ herab, was man ein paar Verse später merkt.
12 „Da wir nun eine solche Hoffnung haben, so gehen wir mit großer Freimütigkeit vor 13 und ⟨tun⟩ nicht wie Mose, der eine Decke über sein Angesicht legte, damit die Söhne Israel nicht auf das
Ende des Vergehenden blicken sollten. 14 Aber ihr Sinn ist verstockt worden, denn bis auf den heutigen Tag bleibt dieselbe Decke auf der Verlesung des Alten Testaments und wird nicht aufgedeckt,
weil sie ⟨nur⟩ in Christus beseitigt wird. 15 Aber bis heute, sooft Mose gelesen wird, liegt eine Decke auf ihrem Herzen. 16 Dann aber, wenn es sich zum Herrn wendet, wird die Decke
weggenommen.“
Der Text ist also nicht das Problem und auch nicht der Alte Bund sondern die Blindheit der Menschen, die statt des Textes nur Buchstaben sehen wo sie Christus finden sollten. Gleichzeitig gibt es
auch im Neuen Bund Menschen, die das Gesetz mit einer „Decke über den Augen“ lesen können und auch im Alten Bund gab es ein lebendiges Wort, in dem Gott selbst in Kontakt mit den Menschen treten
wollte. Aber der Mensch blieb am Buchstaben hängen und tat sich schwer, hinter die reine Textebene vorzudringen.
Wie muss man sich das vorstellen, wenn die Decke weggenommen wird, die Menschen an die Oberfläche des Textes bindet?
16 „Dann aber, wenn es sich zum Herrn wendet, wird die Decke weggenommen. 17 Der Herr aber ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, ist Freiheit. 18 Wir alle aber schauen mit aufgedecktem
Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an[ und werden ⟨so⟩ verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie ⟨es⟩ vom Herrn, dem Geist⟨, geschieht⟩.“
Der Leseprozess wird hier offenbar in eine persönliche Begegnung mit dem lebendigen Gott verwandelt, was durch den Geist Gottes bewirkt wird. An die Stelle des (bloßen) Buchstabens tritt der
Geist des Herrn, und dieses Verständnis von Texterschließung führt nicht nur zu einer ganz neuen Dimension, die hinter dem Text wahrgenommen wird, sondern zu einer besseren Auslegung. Während die
reine Buchstabenarbeit zu den typischen Formen von Religiosität führt, die sich in akribischer Gesetzesbefolgung mit teilweise bizarren Missverhältnissen von wichtigen und unwichtigen Geboten
führt, führt das Lesen mit offenem Blick für den Herrn als den eigentlichen Urheber des Textes, zur Freiheit.
Aus einem mechanischen Leseprozess wird ein lebendiger Prägeprozess von einer Person zu einer anderen, ohne dass dies die Bedeutung der Schrift aushebeln.
Dass dieses geistliche geistliche Lesen nicht an die Stelle des Lesens tritt, macht Petrus deutlich.
2. Petr. „1, 19 Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbricht und der
Morgenstern aufgeht in euren Herzen. 20 Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift aus eigener Auslegung geschieht. 21 Denn es ist noch nie eine Weissagung aus
menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben vom Heiligen Geist haben Menschen in Gottes Auftrag geredet.“
Petrus spricht interessanterweise davon, dass Menschen im Auftrag Gottes „geredet“ haben, da er dies aber wohl auf das prophetischen Wort und die „Weissagungen der Schrift“ bezieht, greift er
hier aber nur das alttestamentliche Schriftverständnis auf, das in der Schrift nur die Aufzeichnung dessen versteht, worum es eigentlich geht, nämlich das Wort Gottes. Der Übergang von der
mündlichen Rede der Propheten zur Verschriftlichung dieser Rede war nur ein kleiner Schritt. Aber ein wichtiger. Denn solange wir in der „Dunkelheit“ leben, von der Petrus spricht, brauchen wir
auch ein Licht, zumindest bis die Sonne aufgeht.
Es geht ihm also nicht darum, Schrift durch Rede zu ersetzen sondern sie wieder als Rede zu verstehen, nämlich als Botschaft Gottes als eines personalen Autors wahrzunehmen.
Dass Petrus aber so allgemein von allen Weissagungen spricht, lässt noch eine weitere Deutung zu, nämlich, dass er auch die bis dahin teilweise mündlichen Botschaft der Apostel darunter versteht
und als Fortsetzung der Lehre der Propheten einordnet, was allerdings sehr gut in dieses Schriftverständnis passt, das den geistlichen Urheber ins Bewusstsein des Lesers rückt und damit natürlich
auch den Weg für neue geistliche Lehrer öffnet.
Ganz ähnlich kann Paulus Timotheus ermutigen, wenn er schreibt
2. Tim „3,14 Du aber bleibe bei dem, was du gelernt hast und was dir anvertraut ist; du weißt ja, von wem du gelernt hast 15 und dass du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die dich
unterweisen können zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus. 16 Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der
Gerechtigkeit, 17 dass der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt.
Auch hier finden wir Formulierungen, die das Phänomen des Prägens durch Lesen ausdrückt: die Schrift kann unterweisen zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus, sie übernimmt also die
Aufgabe eines personalen Lehrers. Vielleicht noch mehr, denn offenbar spielt es eine Rolle, ob man die Schrift kennt oder sogar „von Kind auf“ kennt, d.h. wie von Eltern geprägt und erzogen wird.
Und genau dieser Erziehungsgedanke wird in den folgenden Worten dann ja deutlich aufgegriffen: „nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit“… Wenn wir
diese Stelle mit den Aussagen über den „toten Buchstaben“ vergleichen, wird deutlich, dass Paulus von zwei grundverschiedenen Zugängen zur Heiligen Schrift spricht.
Wir können also als erstes Zwischenfazit festhalten, dass das Neue Testament eine Rückbesinnung auf die Schrift als verlängerte Form der mündlichen direkten Mitteilung vollzieht und die Beziehung
zu Gott als dem Autor ins Zentrum des Verstehensprozesses rückt. Gott gehorchen bedeutet, seinem Wort zu gehorchen - und umgekehrt.
Vor diesem Hintergrund ist es daher nur stimmig, wenn Johannes Gott und sein Wort miteinander identifiziert (V. 1f) und Jesus als das Wort Gottes bezeichnet, das in der Welt Fleisch wurde und
unter den Menschen lebte (V.14).
Damit sind alle Kraftwirkungen, die von Gottes Wort ausgesagt sind auch auf Jesus übertragen.
Dieser Gedanke wird besonders eindrucksvoll von Paulus im Brief an die Kolosser dargestellt.
Kol 1, 15 „Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene aller Schöpfung. 16 Denn in ihm ist alles in den Himmeln und auf der Erde geschaffen worden, das Sichtbare und das
Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Gewalten oder Mächte: Alles ist durch ihn und zu ihm hin geschaffen; 17 und er ist vor allem, und alles besteht durch ihn. 18 Und er ist das
Haupt des Leibes, der Gemeinde“
Durch das Wort hat er aber sein Volk auch begleitet, getröstet, ermahnt und durch die Jahrtausende bewahrt, bis das Wort dann Fleisch wurde und unter uns wohnte und zum Haupt der Gemeinde
wurde.
Gott und sein Wort werden im Neuen Testament wieder neu zusammen erfasst, so dass der im ersten Moment vielleicht geheimnisvolle Johannesprolog gar nicht mehr so geheimnisvoll erscheint. Jesus
geht von seinem Vater aus, wie das Wort von ihm ausgeht. Und so wie der Gehorsam gegenüber Gott sich direkt im Gehorsam gegenüber seinem Wort - auch in seiner schriftlichen Version - ausdrückt,
gilt das auch vom Gehorsam gegenüber Jesus als dem Wort Gottes. Und Paulus kann daher sagen, dass ihm daher natürlich auch die Wirkmacht zufällt, die von Gottes Wort ausgesagt werden kann,
nämlich das es die Welt hervorgebracht hat.
Neu für unseren Gedankengang ist aber noch ein weiterer Gedanke, nämlich dass durch ihn auch die Gemeinde hervorgebracht wurde, deren Haupt er ist. Das „er ist vor allem, und alles besteht durch
in“ ist das Bindeglied zwischen dem Wirken an Schöpfung und Gemeinde.
Wenn wir also den Abschnitt lesen, läuft die Darstellung der Macht des Sohnes Gottes nicht auf die Schöpfung hinaus, sondern auf die Entstehung der Gemeinde, deren Haupt Jesus ist.
Worin dieses Hauptsein besteht, wird in dem Abschnitt aus Kol 1 ebenfalls deutlich.
Kol 1, „18 Und er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde. Er ist der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten, damit er in allem den Vorrang hat; 19 denn es gefiel der ganzen Fülle, in ihm zu
wohnen 20 und durch ihn alles mit sich zu versöhnen – indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes – durch ihn, sei es, was auf der Erde oder was in den Himmeln ist."
Jesus ist also der „Anfang“ und „Erstgeborene“ der Gemeinde, weil er der Erste ist, der aus den Toten auferstanden ist und weil er es überhaupt erst ermöglicht hat, mit Gott versöhnt und damit
Teil der Gemeinde zu sein.
Ähnlich wird es auch in Epheser 1beschrieben:
„Eph 1, 22 Und alles hat er seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Gemeinde gegeben, 23 die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt.
2,1 Auch euch ⟨hat er auferweckt⟩, die ihr tot wart in euren Vergehungen und Sünden,“
Die Gemeinde glaubt also nicht nur an Jesus, sie existiert durch Jesus. Die Gemeinde ist nicht nur Gegenüber sondern wird eins mit seinem Leib, sie kann hier sogar als „sein Leib“ bezeichnet
werden!
Das Wort Gottes, das von Anfang an das Schicksal seines Volkes bestimmt hatte und in dieser Rolle in den Psalmen besungen wurde, kam im Neuen Bund in Gestalt des Sohnes Gottes auf die Erde und
wohnte bei seinem Volk und wurde sein Haupt, während das Volk sein Leib wurde. Die starke Identifikation von Jesus und dem Wort Gottes erlaubt keinen anderen Schluss, als dass das Wort Gottes
sein Volk ins Dasein gerufen erhalten und getröstet hat, im Neuen wie im Alten Bund.
Zusammenfassung und Folgen für die Hermeneutik
Gott schafft durch sein Wort, und das kann sehr unterschiedlich aussehen. Er spricht und erschafft die Welt oder stillt einen Sturm, setzt dem Meer seine Grenzen und bestimmt Regen und
Sonne.
Sein Wort kann auch Menschen verstocken, wie der alte Simeon es bei der Darbringung von Jesus im Tempel angekündigt hat (Lk 2,34). Auch Jesaja hatte den Auftrag, durch seine Rede die Ablehnung
des Volkes zu vervollständigen (Jesu 6,10). Gottes Wort bringt also keineswegs nur Heil sondern auch auch Gericht, aber es bleibt nie ohne Folgen.
Das schriftliche Wort Gottes hat die besondere Funktion, für spätere Generationen festgehalten zu werden, denen es als „Licht an einem dunklen Ort“ dient. Daher können wir diese besondere Form
des Wortes Gottes als dasjenige ansehen, das die Gemeinde hervorgebracht hat. Das deuten auch die vielen Synonym an, die in der Bibel für das Wort Gottes verwendet werden, wie z.B. „Gesetz“,
„Weisungen“, „Ordnungen“ etc. Es handelt sich dabei also gar nicht zufällig um Begriffe, die uns an das Rechtssystem eines Volkes denken lassen.
Man kann daher sagen, dass die Bibel das schriftliche Wort Gottes an das Volk Gottes ist. Und man kann sagen, dass sie das Volk Gottes hervorgebracht hat.
Die schriftliche Form hat neben diesem Vorzug auch den Nachteil, dass sie von Gott getrennt betrachtet werden kann und dann zu einer oberflächlichen Auslegung führt. Daher wird im Neuen Testament
Jesus als das lebendige Wort Gottes für die Menschen sichtbar und wohnt unter ihnen und richtet damit das Gesetz wieder als das auf, was es eigentlich ist: Wort des lebendigen Gottes.
Da Jesus selbst dieses Wort ist, wird die Gemeinde jetzt neu und so wie sie es ursprünglich sollte, durch das Wort gegründet und belebt.
Was bedeutet das für den Kanon?
Am Anfang des Textes hatte ich Diskussionen über biblische Texte angesprochen, die die Frage nach Wesen und Reichweite der Inspiration aufwerfen. Außerdem steht noch die Frage im Raum, ob und in
welchem Umfang der Kanon jetzt abgeschlossen ist. Können wir diese Fragen jetzt beantworten?
Die Frage nach dem Kanon lässt sich nach meiner Einschätzung jetzt zum Teil beantworten. Der Kanon ist nicht abgeschlossen, weil die Kirche das beschlossen hätte, sondern weil der Kanons sie
hervorgebracht hat. Das bedeutet, Kirche hat sich dort gebildet, wo Wort Gottes war und sie hat sich als Kirche schon dann als Einheit verstanden, als es noch keine institutionelle Einheit und
noch nicht einmal einen einheitlichen abgeschlossenen Kanon gab.
Leider gibt es innerhalb der Kirchen keinen Konsens darüber, ob die Spätschriften des Alten Testamentes (die sog. „Apokryphen“) Teil des Kanons sind. Da sie aber von allen Kirchen zumindest
geschätzt werden und kein ernsthaftes Konfliktpotential zwischen den Konfessionen bergen, ist die fehlende Einheit an dieser Stelle nicht ganz so folgenschwer, wie man im ersten Moment denken
würde. Die Trennung der Kirchen fand aus anderen Gründen statt, der Umfang des Kanons wäre ein erstaunlich nebensächliches Thema im ökumenischen Gespräch. Trotzdem bleibt der genaue Umfang
unscharf.
Die andere Frage ist, ob der Kanon erweitert werden könnte, denn immerhin ist er bereits um das Neue Testament erweitert worden und auch das Alte Testament wurde sukzessiv über 1600 Jahre immer
wieder ergänzt.
Wenn wir davon ausgehen, dass die heiligen Schriften das Wort Gottes sind, das die Kirche hervorgebracht hat, können wir auch sagen, dass genau dieser historische Prozess der Kirchenbildung auch
den Prozess der Kanonbildung beschreibt. Damit wäre es theoretisch möglich, dass die Kirche als Ganze eine neue prophetische Offenbarung in den Kanon aufnimmt, weil ich keinen zwingenden Grund in
der Bibel selbst sehe, der das ausschließen würde. Ich würde einfach dem Bild von den Schafen vertrauen, die ihren Hirten an der Stimme erkennen (Joh 10,27). Wenn Jesus das Wort Gottes ist, gilt
diese Aussage auch für die Kanonbildung.
Dazu würde aber auch gehören, dass die Lehre dem vorhandenen Wort nicht widerspricht, denn der bestehende Kanon ist verbindlich. Aus diesem Grund konnte dem Alten Testament das Neue angefügt
werden aber nicht das Buch Mormon oder der Koran.
Ein interessantes Beispiel wären verschollene und wiederentdeckte Briefe z.B. von Paulus, die ja apostolische Autorität hätten, aber offenbar nicht in den Kanon aufgenommen wurden. Vor dem
Hintergrund der ekklesiologischen Inspirationslehre könnte dies damit erklärt werden, dass sie zwar Gottes Wort für die Gemeinde in Korinth war, aber thematisch zu eng an deren Themen angebunden
war um für die ganze Kirche relevant zu sein. Bibel und Gottes Wort ist nicht dasselbe. Ob ein Text Gottes Wort für die Kirche und damit Teil des biblischen Kanons wurde, kann nicht ohne die
historische Entstehung des Kanons entschieden werden.
Was bedeutet das für unser Verständnis von Inspiration?
Neben der Realinspiration, die nur ausgewählte Texte (z.B. die Zehn Gebote) als inspiriert und damit verbindlich betrachtet, der Personalinspiration, die das Wirken des Heiligen Geistes in
bestimmten Menschen zugesteht aber an deren Fähigkeiten, dieses Wirken in nützliche Texte zu übersetzen bezweifelt, der Verbalinspiration, die von dem Wirken des Heiligen Geistes bis in die
endgültige Textform ausgeht und oft Gefahr läuft, Aussagen über biblische Texte zu machen, die sie von der Bibel nicht mehr abdecken kann, würde ich von einer ekklesiologischen Inspirationslehre
sprechen. Sie ähnelt sehr der Verbalinspiration, weil auch sie davon ausgeht, dass Gottes Wirken bis in die Gestalt des Endtextes hineinreicht, aber sie geht darüber hinaus, weil sie die Wirkung
in Form der Kirche ebenfalls als Teil Folge der Inspiration ansieht. Diese Folgen sind ja in 1. Tim 3,16 von Paulus genannt.
Die ekklesiologische Inspirationslehre hat aber weniger Probleme mit einer leicht unscharfen Grenze des Kanons, Abweichungen unter den verschiedenen Abschriften oder sprachlichen Mängeln oder
Ungenauigkeiten der Bibel, wenn und solange die Genauigkeit ausreicht, um die Kirche zu versorgen.
Was bedeutet das für theologische Diskussionen?
Bei strittigen Fragen wie der Frauenordination oder der Stellung zur Homosexualität läuft die Diskussion regelmäßig auf die Frage hinaus, ob die Texte zeitbedingt waren und für unsere Zeit neu
„übersetzt“ werden müssen. Die Personalinspiration geht dann davon aus, dass der jeweilige Autor zwar damals angemessen geistlich mit dem Text auf die Situation reagiert hatte aber der Heilige
Geist in anderen Zeiten möglicherweise etwas Anderes und oft sogar Gegensätzliches gefordert hätte. Vertreter der Verbalinspiration gehen hingegen oft davon aus, dass der Text unmittelbar als
Botschaft an den modernen Bibelleser geschrieben wurden.
In beiden Fällen kommt in meinen Augen die Rolle der Kirche zu kurz. Gottes Wort in der Bibel ist weder ein Wort an die einzelnen Menschen damals noch an die einzelnen Menschen heute sondern zu
allererst ein Wort an die Kirche. Der Nutzen für den einzelnen Bibelleser entsteht nur und ausschließlich, wenn er zuerst ein Teil der Kirche geworden ist. Solange er als Einzelperson liest, hat
er nur eine Sammlung von Geschichten vor sich, die ihn nicht betreffen, von Gesetzen, die für ihn nicht gelten, Anweisungen an die Gemeinden, die für ihn nicht gemeint sind und ein Evangelium,
von dem er gar nicht genau weiß, was es für ihn überhaupt bedeutet. Dieses Problem haben auch viele Christen, die eigentlich an die Verbalinspiration glauben.
Erst wenn man sich mit dem Volk Gottes in altem und neuem Bund identifiziert, werden die Geschichten Teil unserer Geschichte.
Wer die Bibel verstehen möchte, muss daher erst zu einem Mensch der damaligen Zeit werden, zu einem Teil von Abrahams Nachkommen und lernen, mit den Menschen mitzufiebern, zu einem Mitglied der
Gemeinde von Korinth. Erst in einem zweiten Schritt kommt er wieder in der eigenen Zeit an und nimmt den Eindruck von Gottes unmittelbarem Wort an sein Volk mit in seine Zeit.
Es gibt also auch bei diesem Verständnis von Inspiration einen Übergang von den damaligen Empfängern zu uns, bei dem eine Übersetzung stattfindet, aber der Übergang funktioniert grundsätzlich
anders als vor dem Hintergrund der Personalinspiration: während bei der Personalinspiration ein moderner Leser ohne Identifikation mit der Kirche von damals in den Text einsteigt, wird man in der
ekklesiologischen Inspiration zum Teil der ursprünglichen Adressaten.
Bleibt man in der Lektüre ein Leser einer späteren Zeit, entsteht ein Bruch zwischen der Welt der Kirche von damals und von heute, die sich dadurch auszeichnet, dass das Wort schon damals nicht
als Wort Gottes angesehen werden kann. Man säße also mit Bauchschmerzen in den Reihen der damaligen Hörer und würde unmittelbar mit der Übersetzung beginnen, also mit der Frage, was man aus dem
altertümlichen geistlichen Text für die moderne Zeit mitnehmen kann, während sich jemand mit dem Verständnis der ekklesiologischen Inspiration klar in zwei voneinander getrennten Schritten dem
Text nähert: Identifikation mit der Kirche damals und dem Zurückkehren in die eigene Zeit. Nur dadurch wird es aber möglich, das Wort der Apostel als Wort Gottes zu betrachten, Wort Gottes in
eine bestimmte Zeit aber eben Wort Gottes. Und genau so wollte Paulus es auch verstanden wissen.
1. Thess 2, 13 „Und darum danken auch wir Gott unablässig, dass, als ihr von uns das Wort der Kunde von Gott empfingt, ihr es nicht als Menschenwort aufnahmt, sondern, wie es wahrhaftig ist, als
Gottes Wort, das in euch, den Glaubenden, auch wirkt.“
Das Verständnis einer ekklesiologischen Inspiration ermöglicht also, die Bibel als Wort Gottes in eine bestimmte Zeit zu verstehen, den Text für den modernen Leser genau so relevant wie für die
Menschen zur Zeit der Abfassung werden zu lassen und die Einheit der Kirche über alle Zeiten hinweg zu wahren. Wir leben mit den Christen der Urgemeinde in der Lehre der Apostel, brechen mit
ihnen gemeinsam das Brot und werden mit ihnen getauft. Die historische Einheit der Kirche hängt also eng mit dem Verständnis der Heiligen Schrift zusammen.